Natürlichkeit, Reinheit, Gesundheit und “Tierwohl”: Das sind nur einige der Eigenschaften, die Bio-Siegel auf tierischen Produkten scheinbar versprechen. Die Werbung für diese Produkte zeigt glückliche Tiere auf weiten grünen Wiesen. Doch die idyllischen Kulissen entpuppen sich als Täuschung und Wunschvorstellung, denn die Realität für sogenannte Nutztiere in der Bio-Tierhaltung sieht völlig anders aus. Dort leiden die Tiere im gleichen Maße wie ihre unzähligen Artgenossen in den konventionellen Haltungsformen.
Immer mehr Menschen sind auf der Suche nach Alternativen, da sie Tierleid nicht unterstützen möchten. Im Gegensatz zu konventionellen Haltungsformen versprechen staatliche Labels (EU-Öko-Verordnung) und Bio-Siegel von Verbänden wie Bioland, Naturland und Demeter so etwas wie “Fleisch von glücklichen Tieren”. In Wirklichkeit sind solche Labels und Siegel jedoch vor allem eins: Marketing, durch das die Tierindustrie weiter Fleisch verkaufen kann.
Auch einige Tierschutzorganisationen bieten ähnliche Siegel an. Sie machen sich dadurch zu Komplizen der Tierindustrie, indem sie leere Versprechen von “artgerechter Tierhaltung” mittragen und verbreiten. Obwohl sie sich für mehr Tierschutz engagieren, helfen sie durch solche Maßnahmen vor allem dabei, dass Tiere weiter ausgebeutet werden und die Wunschvorstellung vom „Tierwohl“ bestehen bleibt.
Bio-Fleisch, Bio-Milch, Bio-Käse und Bio-Eier vermitteln den Menschen das Gefühl, Bio sei ausreichend oder gar eine Lösung, um Tierleid zu verhindern und den Tieren ein besseres Leben zu verschaffen. Das Gegenteil ist der Fall: Bio zementiert Tierleid und Tierausbeutung sogar noch, weil sich Konsument*innen durch den Kauf von tierischen Bio-Produkten aus der Verantwortung nehmen und die Schuld fortan bei anderen sehen: “Man kauft ja bereits Bio – was soll man noch mehr machen?”
Während die konventionelle Massentierhaltung und “Billigfleisch” in den letzten Jahren stark in Verruf geraten sind, nicht zuletzt durch Veröffentlichungen von Tierrechtsorganisationen wie ANINOVA, genießen Bio-Siegel weitaus mehr Vertrauen bei der Verbraucherschaft. Dass Tiere für Bio-Produkte genauso leiden, genauso getötet werden, wird lieber nicht betont. Die Strategie scheint zu funktionieren: Die Öffentlichkeit vertraut auf die Werbeversprechen, die schönen Bilder auf den Verpackungen und die großen Worte von Politiker*innen: “Den Tieren geht es gut”.
Letzteres ist jedoch weit gefehlt: Die Verbesserungen in der Bio-Tierhaltung sind verschwindend gering, wenn man bedenkt, welche Bedürfnisse Tiere eigentlich haben. Ein Schwein in der Mast hat in der Bio-Tierhaltung traurige 2,3 m² zum Leben statt der 0,76 m² in der konventionellen Haltung. Statt auf grünen Wiesen leben auch “Bio-Schweine” auf Betonböden und in Kastenständen. Ausläufe nach draußen sind in der Bio-Haltung klein und ebenfalls betoniert. Und auch diese kleinen Unterschiede betreffen gerade einmal 0,8 % der „Mastschweine“ in Deutschland (Stand 2020)(1) – mehr werden nicht in Bio-Betrieben gehalten.
Aufdeckungen durch Tierrechtsorganisationen geben den letzten Beweis, dass Bio-Siegel die Tiere nicht schützen können. Wir veröffentlichten beispielsweise 2021 Aufnahmen aus einem Schlachthof mit Bio-Zulassung aus Neuruppin nahe Berlin. Die Aufnahmen zeigen einen extrem brutalen Umgang mit den Tieren. Mitarbeitende schlugen und traten nach den Tieren. Es kam zu Fehlbetäubungen, sodass die Schweine bei Bewusstsein um ihr Leben kämpften, während ihnen die Halsschlagader aufgeschnitten wurde. So stellen sich Verbraucher*innen sicherlich nicht die “Herstellung” ihres Bio-Fleisches vor.
Wir freuen uns darüber, dass immer mehr Menschen auch an die Tiere denken, wenn sie ihren Einkauf erledigen. Der Griff zu Bio-Produkten trägt jedoch leider nicht dazu bei, dass weniger Tiere ausgebeutet werden, weniger Tiere leiden. Bio ist nicht die Lösung für mehr “Tierwohl”. Wer Tiere als fühlende Lebewesen respektiert und ihnen helfen möchte, kommt nicht umhin, den eigenen Konsum zu überdenken und zu ändern. Wer einmal die Augen geöffnet hat und sich das Leid unzähliger Milliarden fühlender Individuen in der Tierindustrie bewusst macht, muss sich auch die Frage stellen: Kann ich verantworten, für einen kleinen Augenblick vermeintlichen „Genusses“ das Leben eines Individuums auszubeuten und gewaltsam zu beenden?
Eine vegane Lebensweise ist die einfachste und gleichzeitig wichtigste Möglichkeit, um Tierleid zu vermeiden. Probier’s aus – den Tieren, deiner Gesundheit und der Umwelt zuliebe.
(1) Statistisches Bundesamt, GENESIS Online Tabellen 41141-0008 und 41141-0004 sowie https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/07/PD21_N046_41.html
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